Das Aus für Thomas Tuchel – BVB trennt sich von Erfolgstrainer

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Foto: Ronoll / Flickr (CC BY 2.0)

Borussia Dortmund und Thomas Tuchel gehen seit Dienstag (30.05.2017) getrennte Wege. Was von viele Experten und Medienvertretern bereits seit Tagen erwartet wurde, ist seit dem Mittag Gewissheit. Verein und Thomas Tuchel bestätigten die Trennung bereits offiziell. 

Hoffnungsträger Tuchel

Das Thomas Tuchel nicht gerade der „Pöhler“ wie Publikums-Liebling Jürgen Klopp ist, das war Fans und Verantwortlichen bereits vor der Verpflichtung des gerade gechssten Erfolgstrainer bekannt.

Er beendete sein Engagement bei Mainz 05 auf recht merkwürdige Weise und es wurde insbesondere von Vereinsseite recht heftig nachgetreten. Im Anschluss daran legte er von Sommer 2014 bis 2015 ein „Sabatical“ ein – wie sein großes Vorbild Pep Guardiola, der auch als „schwierig“ gilt.

Trotzdem wurde Tuchel im Sommer 2015 als Hoffnungsträger stolz präsentiert und beide Seiten gingen frohen Mutes in die Spielzeit 2015/16. Und siehe da, der oft als Nerd bezeichnete Taktikfuchs verhalf dem schwankenden BVB – der im letzten Jahr unter Jürgen Klopp für einige Wochen sogar tief im Abstiegskampf steckte – zu neuem Leben.

Erfrischende und variantenreiche Spielweise – bester Zweiter aller Zeiten

Das schlug sich auch sofort in den Ergebnissen nieder. Sowohl in der Bundesliga, als auch im DFB-Pokal und in der Europa League, die man trotz der schwachen Saison 2014/15 noch erreichte – konnte die Mannschaft mit den Leistungsträgern Ilkay Gündogan, Mats Hummels und nicht zuletzt Henrich Mkhitaryan vollauf überzeugen.

Gerade der Armenier blühte unter Thomas Tuchel auf wie nie zuvor. Er war am Ende der Saison der beste offensive Mittelfeldspieler der Liga.

Schlussendlich erreichte der BVB mit wahnsinnigen 78 Punkten – der besten Punkteausbeute eines Liga-Zweiten aller Zeiten – die Vizemeisterschaft hinter Krösus Bayern München, verloren das DFB-Pokal Finale gegen Bayern München und scheiterten auch im Europa League Viertelfinale an Ex-Trainer Jürgen Klopp und dem FC Liverpool in einem irren Rückspiel mit 4:3.

Umbruch 2016/17 – Risse in der Beziehung

Trotz dieses Erfolges, der zugleich auch von den Tiefschlägen der Niederlagen gekennzeichnet wurde, kam es zum vielfach vorgeahnten Umbrauch beim BVB. Der erste Fehler den BVB-Chef Hans-Joachim Watzke im Vorfeld der Transfer-Periode machte war, dass er versprach:

Es werden nicht alle drei Spieler …. gehen!

Damit war gemeint, dass nicht Gündogan, Mkhitaryan und Hummels den Verein verlassen würden, obwohl alle drei entweder damit liebäugelten oder von anderen Vereinen umworben wurden.

Schlussendlich kam es doch dazu – und der BVB musste einen Radikalumbruch vollziehen. Thomas Tuchel fand diesen Umstand ganz nebenbei auch nicht so amüsant – da er damit rechnete, dass zumindest 1-2 seiner Leistungsträger blieben. Das nun alle drei wegbrachen, konnte er auch nicht ganz nachvollziehen.

Zwar nahm der BVB über 100 Millionen Euro für Gündogan (Manchester City), Mats Hummels (Bayern München) und Henrich Mkhitaryan (Manchester United) ein – sie gaben allerdings auch ebenso viel wieder für junge und ambitionierte Spieler wie Marc Bartra, Ousmane Dembelé und Emre Mor aus.

Thomas Tuchel hatte vor der Saison, neben dem verletzungsbedingten Ausfall von Pechvogel Marco Reus (der aktuell auch wieder mehrere Monate wegen einem Anriss des rechten Kreuzbandes pausieren muss), eine Herkulesaufgabe vor sich. Er musste aus diesem jungen und unerfahrenen Team – in denen lediglich Marcel Schmelzer, Roman Weidenfeller und Sven Bender, sowie Top-Torjäger Pierre Emerick Aubameyang die nötige Erfahrung hatte, eine schlagkräftige Mannschaft formen.

Das funktionierte in der Hinrunde nur phasenweise. Hochkarätige Vorstellungen wie in der Champions League gegen Legia Warschau (6:2) und in der Bundesliga gegen Bayern München (1:0) wechselten sich mit haarsträubenden Niederlagen ab. Die erste Halbserie wurde außerhalb der Top 3 beendet, was nicht dem Anspruch des BVB entsprach. Trotzdem baute der BVB unter Tuchel eine beeindruckende Heimstärke auf. Bis zum Ende seiner jetzigen Amtszeit absolvierte Borussia Dortmund zwei volle Spielzeiten ohne eine einzige Heimniederlage.

Unstimmigkeiten gab es auf zwischenmenschlicher Basis über Transfers und Entscheidungen bis zu diesem Zeitpunkt nur hinter verschlossenen Türen. Das es aber hier bereits knarzte war gut informierten Quellen über die Medien zu erfahren.

Bombenanschlag, Dissens und DFB-Pokal

Trotz alledem spielte der BVB in der Rückrunde deutlich konstanter und konnte sich in den Top 3 festsetzen. Sie schafften am Ende in einem beeindruckenden Spiel gegen Werder Bremen im direkten Vergleich mit der Überraschungsmannschaft TSG 1899 Hoffenheim die direkte Qualifikation zur Champions League (Platz 3 – 64 Punkte).

In der Champions League war dann allerdings im Viertelfinale – auch als Folge des feigen Bombenanschlags auf dem BVB-Mannschaftsbus vor dem Hinspiel gegen den AS Monaco (11. April 2017) Schluss.

Nachdem das Spiel aufgrund des Anschlags um weniger als 24 Stunden (auf den nächsten Tag 18:45 Uhr) verschoben wurde, kamen erste kritische Töne des Trainer zur Handhabung dieser Situation von UEFA und Vereinsführung öffentlich zutage.

Ich hatte das Gefühl, als wären wir hier mit Bierdosen beworfen worden …

So Tuchel in Anspielung auf die Entscheidung und seinem Unverständnis, wie man seiner Mannschaft un ihm so etwas zumuten konnte. Ihm fehlte die Sensibiliät auch von Seiten der Vereinsführung. Er sei laut Watzke in die Entscheidung mit eingebunden gewesen. Das Tuchel dies aber öffentlich anzweifelte schaffte eine offene Konfrontation, von der sich Trainer und Vereinsführung bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erholten.

Vertrauensverlust, der nicht mehr zu „kitten“ war

So wurde seitdem in einer teils über die Medien ausgetragenen Schlammschlacht mit Schuldzuweisungen um sich geworfen, was überhaupt nicht dem Credo des BVB entsprach, welches man bisher kannte.

Es wurde immer deutlicher, dass es so nicht weitergehen konnte:

Wir werden uns nach der Saison zusammensetzen …

Es sollte alles auf den Tisch kommen. Dass die Entscheidung allerdings schon seit Wochen intern gefallen war, schien in den Tagen vor dem DFB-Pokalfinale am 27.05.2017 auch den letzten Außenstehenden klar geworden zu sein.

Thomas Tuchel selbst wollte bis zum letzten Tag seiner Amtszeit noch weitermachen, wie man auch an seinen ersten Einträgen seines neu eröffneten Twitter-Accounts (erst am 29.05.217 online gestellt) sehen kann:

Schade, dass es nicht weitergeht.

Der Graben zwischen den Verantwortlichen und dem erfolgreichsten BVB-Trainer – was den Punkteschnitt pro Spiel betrifft (2,1) – war zu groß, als dass man ihn über die Saison hinaus hätte schließen können.

Das zeigt auch ein offener Brief von Hans-Joachim Watzke vom 30.05.2017, den er auf der Vereins-Homepage – www.bvb.de – am Nachmittag veröffentlichte, beweist. Die Verantwortlichen wollte auch mit der Presseerklärung Geschäftsführer Watzke etwas aus der Schusslinie nehmen, wenngleich er einen gehörigen Anteil an diesem menschlichen und medialen Debakel hatte. Denn immerhin wurde durch sein Interview in der WAZ am Tag vor dem wichtigen Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim im direkten Duell um Platz 3,, der Druck erst so richtig aufgebaut.

Am Ende muss man sagen, war es wohl die einzig richtige Lösung. Allerdings wirft nicht nur auf Thomas Tuchel trotz des gemeinsamen Erfolgs mit dem DFB-Pokal ein unschönes Licht. Insbesondere der BVB als Solches und Geschäftsführer Watzke werden jetzt mit den Auswirkungen ihres Handels leben müssen.

Die Suche nach einem neuen Trainer dürfte nicht zu einfach sein, auch wenn mit Lucien Favre ein potentieller Kandidat schon bereit stünde. Doch ob man sich erneut eine so komplizierte Persönlichkeit mit großer fachlicher Klasse an Bord holen will? Dann hätte man auch Thomas Tuchel behalten können, der sein Können gerade mustergültig unter Beweis gestellt hat – zumindest in sportlicher HInsicht.

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